Neue Referenzwerte für die Jodzufuhr – Jod wichtiger denn je!

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Die bisher geltenden Werte von 200 µg/Tag für Erwachsene unter 51 Jahren und 180 µg/Tag für Erwachsene ab 51 Jahren hatten einen Zuschlag berücksichtigt, um die unzureichende Jodversorgung der Bevölkerung in Deutschland und Österreich zu verbessern. Dies entspricht nicht mehr der wissenschaftlichen Vorgehensweise sowie der Zielsetzung der Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr, da sich diese nicht an Personen mit einem Nährstoffmangel richten. Der Wert orientiert sich nun – wie bei Referenzwerten üblich – am durchschnittlichen Bedarf und nicht mehr am Ausgleich eines möglichen Defizits der Bevölkerung. Der neue Referenzwert für Säuglinge bis 4 Monate liegt bei 80 µg/Tag. Er hat sich verdoppelt, weil die Neubewertung zusätzlich auf aktuellen Bilanzstudien basiert und nicht, wie zuvor, nur auf dem Jodgehalt der Muttermilch.
Obwohl sich durch die Einführung von jodiertem Speisesalz und Anreicherung des Tierfutters die Jodzufuhr insgesamt verbessert hat und sichtbare Jodmangelerscheinungen wie der Kropf in Deutschland fast nicht mehr vorkommen, zeigen Daten des Robert Koch-Institutes (RKI) einen rückläufigen Trend in der Jodversorgung: So haben 44 % der Kinder und Jugendlichen und 32 % der Erwachsenen ein Risiko für eine zu geringe Jodzufuhr. Nach WHO-Kriterien herrscht in Deutschland ein milder Jodmangel. Eine längerfristige Unterversorgung mit Jod kann zu Funktionsstörungen der Schilddrüse mit weitgehenden gesundheitlichen Auswirkungen führen. Die DGE empfiehlt für eine ausreichende Jodzufuhr eine konsequente Verwendung von jodiertem Speisesalz, täglich Milch und Milchprodukte sowie ein bis zwei Mal pro Woche Seefisch oder andere marine Lebensmittel zu essen. Schwangere und Stillende sollten zusätzlich zu einer ausgewogenen Ernährung mit jodiertem Speisesalz ein Supplement mit 100 µg (bis 150 µg) Jod pro Tag einnehmen; bei Schilddrüsenerkrankungen sollte vorab ärztliche Rücksprache erfolgen.
Wofür braucht der Körper Jod und was passiert, wenn wir zu wenig aufnehmen?
Jod ist ein unverzichtbares Spurenelement, das wir über die Nahrung aufnehmen müssen. Der Körper braucht es, um die Schilddrüsenhormone zu bilden. „Die Hormone beeinflussen zahlreiche Stoffwechselprozesse im Körper wie den Energiestoffwechsel, den Fett- und Kohlenhydratstoffwechsel, die Knochenbildung und die Regulation der Körpertemperatur. In der kindlichen Entwicklung sind sie besonders für ein normales Wachstum und die Gehirnentwicklung von Bedeutung“, sagt Prof. Dr. Roland Gärtner, 1. Vorsitzender des Arbeitskreises Jodmangel (AKJ). Um einem Mangel vorzubeugen, muss Jod regelmäßig mit der Nahrung aufgenommen werden. „Wird es in zu geringen Mengen aufgenommen, kann es je nach Schweregrad zu erheblichen gesundheitlichen Folgen kommen. Schon ein leichter bis milder Jodmangel, wie er hierzulande vorliegt, wirkt sich auf die Gesundheit einer Bevölkerung aus. Begonnen in der Schwangerschaft sowie im Säuglings- und Kleinkindalter mit einer beeinträchtigten körperlichen und neuronalen Entwicklung sowie einer verminderten geistigen Leistungsfähigkeit bis hin zu einem steigenden Risiko für Schilddrüsenvergrößerungen und -knoten sowie Funktionsstörungen bei Erwachsenen“, ergänzt Prof. Gärtner.
Wie kann eine ausreichende Jodversorgung erreicht werden?
„Eine ausreichende Jodzufuhr ist entscheidend für Gesundheit, Entwicklung und Leistungsfähigkeit. Besonders bei Kindern, Jugendlichen, Schwangeren und Stillenden sollten wir wieder mehr auf eine gute Jodversorgung achten“, sagt Dr. Christina Breidenassel, Referat Wissenschaft der DGE und Co-Autorin des Referenzwert-Kapitels zu Jod. Lebensmittel mit hohem Jodgehalt sind Seefische wie Kabeljau oder Seelachs und andere Meeresfrüchte wie Muscheln, Garnelen und Algen. Algen und -präparate, bei denen der Jodgehalt nicht ausgewiesen ist, sind aufgrund der stark schwankenden Gehalte nicht zu empfehlen. Dies ist insbesondere bei Vorliegen einer Funktionsstörung der Schilddrüse wichtig. Tierische Lebensmittel wie Milch und Milchprodukte sowie Eier sind bei entsprechender Tierfütterung ebenfalls gute Jodlieferanten, besonders bei vegetarischer Ernährung. Pflanzliche Lebensmittel wie Getreide, Gemüse, Obst und Hülsenfrüchte sind in der Regel jodarm, weil die Böden hierzulande nur wenig Jod enthalten. Jodiertes Speisesalz und damit hergestellte Lebensmittel sind eine wichtige Jodquelle. Es konsequent zu verwenden, trägt maßgeblich zur Jodversorgung bei. Egal, ob es darum geht, Salz zu Hause in der eigenen Küche, beim Essen außer Haus zu verwenden oder verarbeitete Lebensmittel im Supermarkt, in der Bäckerei oder Metzgerei zu kaufen. Daher gilt: Wenn Salz, dann Jodsalz! Hierzu informiert die Informationsoffensive des Bundesministeriums für Landwirtschaft, Ernährung und Heimat (BMLEH) wie die Jodversorgung einfach über die Verwendung von Jodsalz erreicht und gesichert werden kann.
Auch pflanzliche Milchalternativen wie Hafer-, Reis-, Mandel- und Sojadrinks enthalten praktisch kein Jod. Die DGE rät hier zu angereicherten Produkten, insbesondere bei veganer Ernährung. Ansonsten sollte eine Zufuhr aus anderen Lebensmitteln oder Nährstoffpräparaten erfolgen. So kann der regelmäßige Verzehr von Meeresalgen mit moderatem Jodgehalt, wie zum Beispiel Nori, zur Jodversorgung beitragen.
Besteht bei Jodsalz und anderen jodhaltigen Lebensmitteln das Risiko einer Überdosierung?
Das Risiko einer Überversorgung mit Jod über Lebensmittel ist gering. Der Jodgehalt in Salz ist in Deutschland streng geregelt und liegt bei 15 bis 25 mg Jod/kg Salz, somit enthält ein gehäufter Teelöffel Jodsalz nur circa 100 µg Jod. Auch für Menschen mit Schilddrüsenerkrankungen sind jodhaltige Lebensmittel wie Seefisch oder Milch und jodiertes Speisesalz unkritisch. Eine übermäßige Jodzufuhr kann nur durch den Verzehr von Algen mit einem hohen Jodgehalt ≥ 20 mg/kg oder hochdosierte Nahrungsergänzungsmittel entstehen.
Weitere Informationen zu Jod gibt ein FAQ-Papier. Es ist – ebenso wie die aktualisierten Referenzwerttabellen für alle Altersgruppen – kostenfrei im Internet zugänglich. Die 3. Auflage der „Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr“ kann für 69 EUR beim DGE-MedienService bestellt werden.