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2. DGE-Ernährungsbericht 2012

Kapitel 3

Situation, Qualität und Zufriedenheit mit dem Angebot von „Essen auf Rädern“

Dieses Kapitel befasst sich mit dem Mahlzeitendienst „Essen auf Rädern“. Diese Dienstleistung wird in Deutschland seit 1961 angeboten.

Die Zielsetzung des vorliegenden Forschungsprojekts bestand darin, zum einen die Struktur und Qualität der Mahlzeitenversorgung, zum anderen die Kundenzufriedenheit mit dieser Mahlzeitenversorgung zu ermitteln. Dieser Bereich der Gemeinschaftsverpflegung wurde im Rahmen der vorangegangenen Ernährungsberichte noch nicht untersucht.

Hintergrund

Der demografische Wandel in der Bevölkerung macht sich durch einen kontinuierlichen Anstieg der Anzahl älterer Menschen über 65 Jahre bemerkbar. Bereits Ende 2009 wies das Statistische Bundesamt 16,9 Millionen Menschen in Deutschland in dieser Altersgruppe aus, wobei eine deutliche Mehrheit in dieser Gruppe weiblich war (57,4 % Frauen versus 42,6 % Männer). Das bedeutet nicht nur ein Anwachsen der Lebenserwartung, sondern auch einen stetigen Anstieg der Pflegebedürftigkeit älterer Menschen. Im Dezember 2009 waren insgesamt bereits 2,34 Millionen Menschen pflegebedürftig.

Bei vielen Menschen über 65 Jahre ist die Gesundheitssituation durch altersassoziierte Krankheiten und Behinderungen gekennzeichnet. Mit zunehmendem Alter steigt zudem die Wahrscheinlichkeit der Multimorbidität. So werden bei den über 80-Jährigen insbesondere chronisch ischämische Herzkrankheiten, Herzinsuffizienz, Gonarthrose, Osteoporose und Demenz beobachtet. Auch wenn in diesen Fällen nicht immer ein direkter Zusammenhang zur Ernährung gegeben ist, können viele Senioren alltägliche Arbeitsvorgänge wie Einkaufen, Kochen oder Putzen nicht mehr oder nur noch unzureichend ausführen.

Für diese Personen bietet in Deutschland die Dienstleistung „Essen auf Rädern“ seit 1961 Unterstützung. Die Auslieferung der fertigen Mittagsmahlzeiten wird dabei von Mahlzeitendiensten übernommen, deren Träger meist Wohlfahrtsverbände, seltener private Unternehmen sind. Die genauen Zahlen über die Bezieher von „Essen auf Rädern“ schwanken zwischen 320 000 und 325 000. Für den Bezug dieser Dienstleistung muss keine Pflegebedürftigkeit im Sinne des Sozialgesetzbuchs (SGB) XI gegeben sein.

Auch wenn mit steigendem Alter die physiologischen Veränderungen zahlreich sind, bedeuten sie im Allgemeinen keine grundlegenden Änderungen der Ernährungsweise. Der verringerte Energiebedarf durch die Abnahme der aktiven Muskelmasse bei gleichbleibendem Bedarf an Protein, Vitaminen und Mineralstoffen ist jedoch zu berücksichtigen. Dabei stellen die teils erheblichen Unterschiede hinsichtlich der individuellen Anforderungen an die Ernährung die Anbieter von „Essen auf Rädern“ vor große Herausforderungen. So müssen die angebotenen Mahlzeiten geeignet sein, den Energie- und Nährstoffbedarf im Alter zu decken und zudem das Risiko einer Mangelernährung zu vermeiden. Ziel der Mittagsverpflegung „Essen auf Rädern“ soll sein, etwa ein Drittel des täglichen Energie- und Nährstoffbedarfs abzudecken. Bei vorliegender Pflegebedürftigkeit ist eine Verschlechterung des Gesundheitszustands möglichst lange hinauszuzögern.

Eine Orientierung für die Anbieter bieten die Anforderungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e. V. (DGE) an die Speisenplanung, die im DGE-Qualitätsstandard für Essen auf Rädern beschrieben sind. Für eine Bewertung der Speisenplanung können hier lediglich diejenigen Parameter herangezogen werden, die überprüfbar sind. Gemäß den Anforderungen an einen Ein-Wochen-Speisenplan sollten folgende Kriterien berücksichtigt werden

  • täglich eine Kohlenhydratkomponente (abwechselnd Speisekartoffeln, parboiled Reis sowie Teigwaren und andere Getreideprodukte),
  • täglich Gemüse, davon mindestens dreimal pro Woche Rohkost oder Salat,
  • Hülsenfrüchte (Erbsen, Linsen, Bohnen) als Bestandteil des Gemüseangebots,
  • dreimal pro Woche Obst, davon mindestens zweimal frisch oder tiefgekühlt, ohne Zusatz von Zucker,
  • Fleisch/Fleischerzeugnisse insgesamt maximal dreimal pro Woche,
  • einmal pro Woche Seefisch, davon einmal fettreicher Seefisch alle zwei Wochen.

Zudem sind bei der Gestaltung eines Speisenplans weitere Parameter zu berücksichtigen wie eine angemessene Schriftgröße, übersichtliche Darstellung von Menülinien und Preisen, eine eindeutige Bezeichnung der Speisen sowie die Deklaration von Zusatzstoffen und Alkohol.

Derzeit gibt es unterschiedliche Organisationssysteme, die überwiegend auf dem Einsatz von Tiefkühlmenüs basieren (siehe Abbildung 1). Diese werden entweder einmal pro Woche mit sieben Mahlzeiten tiefgekühlt ausgeliefert oder von den Mahlzeitendiensten dezentral erwärmt und ausgeliefert. Auch eine Mischform wie die Auslieferung von warmen Essen in der Woche und Lieferung von Tiefkühlmenüs für das Wochenende ist möglich. Deutlich seltener erfolgt die Auslieferung von frisch zubereiteten Speisen durch eine Großküche oder die Auslieferung von gekühlten Speisen.

Methodik

Das Forschungsprojekt „Situation, Qualität und Zufriedenheit mit dem Angebot von ‚Essen auf Rädern‘“ untersuchte zwei Bereiche: zum einen die Struktur und Qualität der Mahlzeitenversorgung seitens der Anbieter und zum anderen die Zufriedenheit der Kunden (siehe Abbildung 2).

Abbildung 1 | Überwiegende Organisationsformen bei „Essen auf Rädern“

Für die Erfassung von Struktur, Organisation und Qualität der Mahlzeitenversorgung wurde im gesamten Bundesgebiet eine Befragung der Anbieter durchgeführt. Zur Ermittlung der Qualität wurden die Speisenpläne analysiert, die von den Anbietern zur Verfügung gestellt worden waren. Die Kundenzufriedenheit wurde in unterschiedlichen Regionen Deutschlands anhand standardisierter Interviews erhoben. Dafür wurden die 16 Bundesländer in Anlehnung an die Nielsengebiete in fünf Regionen geclustert (Region Nord: Schleswig-Holstein, Hamburg, Bremen, Niedersachsen; Region Ost: Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Berlin, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen; Region Süd: Bayern, Baden-Württemberg; Region NRW: Nordrhein-Westfalen; Region Mitte: Hessen, Rheinland-Pfalz, Saarland).

Für die Befragung der Anbieter, die als Vollerhebung angelegt war, wurde zunächst eine Adressenrecherche durchgeführt. Dazu wurden alle Städte mit mindestens 5000 Einwohnern herausgefiltert. Grundlage hierfür war ein Auszug aus dem Gemeindeverzeichnis des Statistischen Bundesamtes. In den so identifizierten 1628 Städten wurde systematisch mit bestimmten Schlagworten wie „Essen auf Rädern“ und „mobiler Mittagstisch“ recherchiert. Als Anbieter wurden verschiedene Unternehmenstypen definiert:

  • Mahlzeitendienste der gemeinnützigen Verbände
  • Senioreneinrichtungen, die „Essen auf Rädern“ anbieten
  • private Anbieter von „Essen auf Rädern“
  • Pflegedienste, die „Essen auf Rädern“ nicht nur vermitteln, sondern einen eigenen Mahlzeitendienst anbieten.

Aufgrund dieser Recherche wurden 2496 Anbieter ermittelt, die für die Erhebung angeschrieben wurden. Der Fragebogen konnte online oder in Papierform ausgefüllt werden und diente dazu, Auskünfte über die Struktur der Mahlzeitendienste, Stärken und Schwächen des Systems sowie Verbesserungsvorschläge zu erhalten.

Abbildung 2 | Studiendesign

Bei der Analyse der Speisenpläne wurden nur solche berücksichtigt, die mindestens einen Zeitraum von vier Wochen abbildeten und die Lieferung von Mahlzeiten an sieben Tagen pro Woche vorsahen. Zur Bewertung der Qualität wurden Parameter festgelegt, die auf den Grundsätzen der vollwertigen Ernährung gemäß den „10 Regeln der DGE“ beruhen. Häufigkeiten von einzelnen Lebensmitteln wurden gemäß dem „DGE-Qualitätsstandard für Essen auf Rädern“ überprüft.

Die Kundenbefragung wurde anhand standardisierter Interviews in unterschiedlichen Regionen Deutschlands ermittelt. Die Rekrutierung der Kunden erfolgte mit Unterstützung der in die Erhebung eingebundenen Mahlzeitendienste. Dabei wurden in jeder Region mindestens 40 Personen interviewt. Es wurde eine repräsentative Abbildung von städtischen und ländlichen Gemeinden angestrebt (städtische Gemeinden umfassten hier Groß-, Mittel- und Kleinstädte; als ländliche Gemeinden wurden diejenigen mit bis zu 7500 Einwohnern definiert). Beim Studienkollektiv handelte es sich um eine Zufallsstichprobe, die sich an ihrer Bereitschaft zu einer Teilnahme an einem Interview orientierte.

Ergebnisse

Ergebnisse der Anbieterbefragung

Von den angeschriebenen 2 496 Anbietern wurden 844 Fragebögen zurückgesendet, was einer Rücklaufquote von 33,8 % entspricht. Mit Blick auf die Struktur machten dabei die gemeinnützigen Anbieter mit 74,2 % im Vergleich zu den privaten mit 18,5 % den Hauptanteil aus.

Der Kundenkreis der Anbieter war unterschiedlich groß: 29,5 % der Anbieter versorgten bis zu 50 Senioren mit der Mittagsmahlzeit. Ähnlich viele (28,8 %) belieferten zwischen 51 und 100 Kunden am Tag. 22,3 % der Dienstleister verpflegten zwischen 101 und 200 Personen, 8,9 % zwischen 201 und 300 Kunden und nur 8,1 % mehr als 300 Kunden mit der Mittagsmahlzeit.

Die Mehrheit der Anbieter (52,7 %) lieferte ihren Kunden ausschließlich warme Mahlzeiten. Ein geringer Teil der Anbieter (7,8 %) bot nur Tiefkühlmahlzeiten an. Mehr als drei Viertel aller Anbieter, nämlich 76,5 %, versorgten ihre Kunden generell an sieben Tagen in der Woche. Lediglich 12,8 % der Mahlzeitendienste lieferten nur an fünf Tagen in der Woche aus.

Die Organisation der Speisenauslieferung zeigte ein hohes Maß an Flexibilität. Bei 50,9 % der Anbieter verging weniger als eine Stunde zwischen dem Ende der Garzeit und der Auslieferung. Bei 29,3 % der Dienstleister vergingen ein bis zwei Stunden und bei 7,9 % wurden die Mahlzeiten vor Transportbeginn länger als zwei Stunden warm gehalten. Insgesamt 68,2 % der Anbieter planten bei der Auslieferung der Speisen Zeit für die Kunden ein. Ein deutlicher Unterschied zwischen privaten und gemeinnützigen Anbietern lag im Einplanen von Pufferzeiten. So planten 58,4 % der gemeinnützigen, aber nur 45,9 % der privaten Dienstleister diese Zeiten ein.

Bei der Überprüfung der Hygiene gaben etwa zwei Drittel (64,9 %) der Anbieter an, dass sie über ein HACCP-Konzept verfügen. Lediglich ein Drittel (33,1 %) der Anbieter hatte eine Risikoanalyse nach VO (EG) 852/2004 Artikel 5 durchgeführt. Bei den privaten Anbietern war der Anteil derer, die über ein HACCP-Konzept verfügten, signifikant höher als bei den gemeinnützigen Dienstleistern (79,1 % versus 65,6 %). Die Mehrheit der Anbieter (53,6 %) gab an, regelmäßig stichprobenartige Temperaturmessungen bei der Auslieferung der Mahlzeiten vorzunehmen. 19 % der Dienstleister maßen die Temperatur der Speisen jedoch nie.

Die Qualität der Verpflegung sah folgendermaßen aus: Die meisten Anbieter (64,2 %) nutzten industriell hergestellte Tiefkühlmenüs. Nur 34 % gaben an, ihre Menüs selbst herzustellen. Die Mehrheit der Anbieter (72,8 %) konnte nach eigenen Aussagen Angaben zur Nährstoffzusammensetzung der angebotenen Speisen machen. Dabei übernahmen mehr als die Hälfte der Anbieter (52,1 %) die Angaben der jeweiligen Lieferanten. Hier wurde ein signifikanter Unterschied zwischen privaten und gemeinnützigen Anbietern deutlich: 36 % der privaten Anbieter berechneten die Nährstoffzusammensetzung selbst, während dies bei den gemeinnützigen Dienstleistern nur 17,9 % waren.

Die Anforderung des „DGE-Qualitätsstandard für Essen auf Rädern“, dass ein Menüzyklus mindestens vier Wochen umfassen sollte, erfüllten 88,3 % der Anbieter. Dabei sollte in einem Ein-Wochen-Speisenplan siebenmal in der Woche Gemüse enthalten sein, davon mindestens dreimal Rohkost oder Salat. Bei 34,4 % der Anbieter enthielt die Mittagsmahlzeit täglich Gemüse, bei 26,1 % fünf- bis sechsmal und bei 31 % drei- bis viermal pro Woche. Bei knapp der Hälfte der Anbieter wurde die Anforderung hinsichtlich der Häufigkeit von Salat oder Rohkost als Teil der Mahlzeit erfüllt, bei knapp einem Drittel waren nie Salat oder Rohkost im Speisenplan vorgesehen. 31 % der Anbieter kamen sowohl der Forderung hinsichtlich des Gemüse- als auch Salatangebots nach.

Bei 16,1 % der Anbieter war eine freie Komponentenwahl möglich, sodass die Kunden sich ihre Menüs individuell zusammenstellen konnten. Unterschiedliche Portionsgrößen boten 71,2 % der Anbieter an, bei 26,9 % waren nur einheitliche Portionsgrößen vorhanden. 59,5 % der Befragten boten auch Aktionswochen an.

Zudem standen verschiedene Kostformen zur Wahl, die sich am Bedarf der Kunden orientierten. Vor allem Diabetikerkost (88,2 %), aber auch pürierte Kost für Personen mit Kau- und Schluckbeschwerden (75 %) wurde von einer Mehrheit der Dienstleister angeboten.

Desserts waren nicht grundsätzlich im Angebot integriert, nur 50,9 % der Anbieter lieferten täglich mit der Mittagsmahlzeit Desserts aus. Hinsichtlich der Häufigkeit der Dessertlieferung konnte zwischen privaten und gemeinnützigen Anbietern kein signifikanter Unterschied festgestellt werden.

Die Anbieter lieferten die Mahlzeiten meist in Alu- oder Kunststoffschalen aus. Bei etwa einem Drittel kam Por- zellan zum Einsatz, was sich im Allgemeinen eher ansprechend und Genuss fördernd auswirkt. Auch bei der Anzahl der angebotenen Menüs wurden Unterschiede deutlich: 34,7 % der Anbieter boten vier und mehr Menüs an, 19,3 % zwei und 15,6 % drei Menüs. Hier zeigte sich ein signifikanter Unterschied zwischen privaten und gemeinnützigen Anbietern. 50,7 % der privaten, aber nur 34 % der gemeinnützigen Anbieter boten vier oder mehr Menüs an.

Für die Qualitätssicherung ihrer Dienstleistung nutzten die meisten Anbieter (65,4 %) das Beschwerdemanagement. Knapp 60 % erfassten auch Vorlieben und Abneigungen ihrer Kunden. Ebenfalls knapp 60 % führten regelmäßige Zufriedenheitsmessungen in Form von Kundenbefragungen durch. Bei gut der Hälfte der Anbieter gab es einen Qualitätsmanagementbeauftragten.

Der Preis für die Mehrzahl der Mahlzeiten (80,2 %) lag zwischen 3,01 und 7 Euro, was insgesamt auf eine hohe Preisspanne hindeutet. Signifikante Unterschiede hinsichtlich der Preisgestaltung ließen sich zwischen den Regionen feststellen. So ergab die statistische Auswertung, dass die Preise in der Region Ost zu 81,2 % maximal 4 Euro betrugen. Dagegen lagen die Preise in der Region Süd zu 70,3 % zwischen 5,01 und 7 Euro und waren damit signifikant höher als in den anderen Regionen.

Analyse der Speisenpläne

Die Auswertung der 236 vollständigen 4-Wochen-Speisenpläne ergab folgendes Bild: Bei 40,3 % der berücksichtigten Speisenpläne war täglich Gemüse als Bestandteil der Mittagsmahlzeit eingeplant. Die Vorgabe, einmal pro Woche Hülsenfrüchte einzuplanen, wurde nur von 8,9 % der Dienstleister umgesetzt. Bei lediglich 0,8 % der Pläne wurde die Anforderung, maximal dreimal in der Woche Fleisch oder Fleischerzeugnisse anzubieten, erfüllt. Dafür war bei 64,8 % der Speisenpläne einmal in der Woche Seefisch vorgesehen.

Bei den meisten der eingereichten Pläne waren mehrere Kostformen ausgewiesen. Die häufigste war die Vollkost mit 99,2 %, gefolgt von Diabetikerkost mit 69,9 %. Mit etwas mehr als 50 % wurden jeweils vegetarische Kost und leichte Vollkost angeboten. Eine natriumverminderte Kost wurde nur von 5,5 % der Anbieter angeboten. Diese Zahlen entsprechen nicht den Befragungsergebnissen. Denn deutlich mehr Anbieter hatten dort angegeben, Reduktionskost, pürierte Speisen, Kost bei Fettstoffwechselstörungen sowie natriumverminderte Kost anzubieten als bei den Speisenplänen ausgewiesen wurde. Auch die Angaben zu den Portionsgrößen stimmten nicht mit den ausgewerteten Speisenplänen überein: 71,2 % der Anbieter hatten angegeben, dass unterschiedliche Portionen wählbar sind, während diese Wahlmöglichkeit tatsächlich nur bei 25 % der bewerteten Speisenpläne gegeben war.

Nicht mit Sicherheit sagen lässt sich, bei wie viel Prozent der Speisenpläne die Anforderungen der DGE hinsichtlich der Häufigkeit von Obst erfüllt sind. Dies liegt daran, dass Desserts vielfach nicht spezifisch ausgewiesen wurden. Zur Lieferung von frischem Obst liegen dagegen Zahlen vor. So war bei 64,8 % der Anbieter nie frisches Obst vorgesehen, weder als Dessert noch als Zwischenmahlzeit.

Nur 21 der insgesamt 236 ausgewerteten Speisenpläne erlaubten eine Bewertung bezüglich der energieliefernden Nährstoffe für die VollkostMenüs. Lediglich sieben dieser bewertbaren Speisenpläne erfüllten die Anforderung, dass eine Mittagsmahlzeit im Durchschnitt 2 510 kJ (600 kcal) enthalten sollte. Bei nur einem Plan enthielt die Mahlzeit die empfohlene Menge von mehr als 74 g Kohlenhydraten. Bei jeweils nur drei Plänen wurden maximal 30 g Protein eingesetzt bzw. nicht mehr als 20 g Fett verwendet.

Kundenbefragung

Hinsichtlich der Kundenzufriedenheit wurden insgesamt 205 Personen (69 Männer und 136 Frauen) im Alter über 81 Jahren befragt. 82 % der Befragten lebten zum Zeitpunkt der Befragung allein und 17,1 % in einer Partnerschaft. Deutlich mehr Frauen (51,5 %) als Männer (21,7 %) konnten nicht mehr allein einkaufen. Insgesamt nutzten die Befragten das Angebot „Essen auf Rädern“ durchschnittlich seit 4,5 Jahren. Im Ergebnis war die Zufriedenheit mit der Dienstleistung und dem Mahlzeitenangebot „Essen auf Rädern“ bei den Befragten groß (65,9 % der Befragten waren demnach „sehr zufrieden“, 32,7 % „meist zufrieden“). Das betraf nicht nur Aussehen, Konsistenz, Geschmack und Vielfalt der Speisen, sondern auch die Zuverlässigkeit der Lieferung, die Erreichbarkeit der Lieferdienste sowie die Hilfsbereitschaft der Fahrer. Zufrieden waren die Kun- den in der Regel auch damit, dass eine kurzfristige Stornierung der Bestellung möglich war und die Lieferung der Mahlzeiten ohne Vertragsbindung erfolgte.

Bei der Ermittlung der Gründe für den Bezug des mobilen Mittagstischs stimmten deutlich häufiger Männer (52,2 %) der Aussage „es ist einfacher und bequemer als selbst zu kochen“ zu als Frauen (36,8 %). Für die Anmeldung bei „Essen auf Rädern“ gaben 40 % der Befragten an, dass es ihre oder die Idee ihres Partners war. Bei knapp 30 % war es die Empfehlung von Kindern, Enkelkindern oder weiterer Verwandtschaft. Nur bei 5,4 % war das Pflegepersonal der Ratgeber.

Stärken und Schwächen von „Essen auf Rädern“

Zu den Stärken der Mahlzeitendienste zählen vor allem die gute Organisation und Struktur der Dienste und die Berücksichtigung der Kundenbedürfnisse. Dieser Eindruck wird durch die Ergebnisse aller drei Erhebungsinstrumente (Befragung der Anbieter, Analyse der Speisenpläne, Kundenbefragung) gestützt. Auch die häufig große Angebotsvielfalt ist hervorzuheben. Da die Versorgung mit „Essen auf Rädern“ vielen älteren Menschen überhaupt ermöglicht, weiterhin zuhause zu leben, muss bei der Interpretation der Ergebnisse möglicherweise auch die dadurch bedingte Dankbarkeit gegenüber mobilen Essensangeboten berücksichtigt werden.

Die Qualität der Angebote hat sich in den letzten Jahren deutlich verbessert, entspricht aber noch nicht in allen Bereichen den Anforderungen des „DGE-Qualitätsstandards für Essen auf Rädern“. Zusätzlich zu der Basisdienstleistung Mittagessen hat sich auch das Angebot an Zusatzleistungen erfreulich erweitert: So stehen für ältere Menschen Einkaufs- und Lieferdienste, Reinigungsdienste oder Hilfestellung bei Behördengängen zur Verfügung.

Zu den Schwächen der Dienstleistung „Essen auf Rädern“ zählt insbesondere der zu geringe Informationsaustausch mit den Pflegediensten. Viele Anbieter haben keine Kenntnis über die Pflegestufe und/oder den Gesundheitszustand ihrer Kunden. Auch hinsichtlich der Qualität der Speisen besteht noch Verbesserungsbedarf. Fehlende Nährstoff- und Mengenangaben sind ebenso zu bemängeln wie die Nichtberücksichtigung der DGE-Vorgaben für einen Ein-Wochen-Speisenplan.

So wäre generell eine gemüsebetonte und fleischärmere Kost zu bevorzugen. Zusätzlich könnten Obst sowie frische Salate oder Rohkost in den Speisenplan integriert werden, um die Versorgung mit Vitaminen, Mineralstoffen und Ballaststoffen zu verbessern. Desserts auf Milchbasis könnten zu einer Verbesserung der Calciumzufuhr beitragen. Hinsichtlich der Hygiene sollte die gesetzlich vorgeschriebene Implementierung der Grundsätze eines HACCP-Konzepts inklusive Durchführung der Risikoanalyse nach VO (EG) 852/2004 Artikel 5 flächendeckend vorhanden sein. Diese Anforderungen sind bisher nur teilweise erfüllt.

Aus den Untersuchungsergebnissen lassen sich eine Reihe von Empfehlungen zur weiteren Verbesserung des Angebots „Essen auf Rädern“ ableiten:

Empfehlungen auf einen Blick

  • Bei Beginn des Bezugs von „Essen auf Rädern“: Durchführung eines Eingangschecks
    • Erheben der individuellen Ernährungssituation der älteren Menschen
    • Abfragen individueller Vorlieben und Abneigungen
    • Abfragen der Küchenausstattung
    • Erfragen der feinmotorischen Fähigkeiten, z. B. zum Öffnen von Verpackungen
  • Stärkere Vernetzung mit ambulanten Pflegediensten
  • Reduzierung von Warmhaltezeiten
    • Umstellen der Routenplanung
    • Zeitversetztes Erwärmen der Speisen
    • Lieferfahrzeuge mit der Möglichkeit aktiver Beheizung
  • Umsetzung eines HACCP-Konzepts und regelmäßige Temperaturmessungen
  • Größere Auswahl an fleischlosen und gemüsebetonten Speisen (Gemüseaufläufe, Eintöpfe, Quiches)
    • Zurückgreifen auf die der Zielgruppe bekannten Gerichte
    • Regionaler Bezug
    • Lieblingsgerichte aus der Kindheit (Wecken von Erinnerungen, Steigerung des Appetits)
  • Ausweisen von Nährstoff- und Mengenangaben
  • Ausweisen verschiedener Kostformen
  • Lieferung von frischem Obst
  • Häufigeres Verwenden von fettreichem Seefisch
  • Vollständige Information über das Angebot gegenüber dem Kunden
  • Umsetzung der Anforderungen und Zertifizierung gemäß dem „DGE-Qualitätsstandard für Essen auf Rädern“

Fazit

Der Mahlzeitendienst „Essen auf Rädern“ stellt für mindestens 320000 Menschen in Deutschland täglich eine unverzichtbare Dienstleistung dar. Sie ermöglicht vielen älteren Menschen, die sich nicht oder nur noch teilweise selbst versorgen können, zuhause leben und versorgen zu können.

Die meist gemeinnützigen, aber auch privaten Anbieter der Dienstleistung „Essen auf Rädern“ sind in der Regel flexibel und berücksichtigen die Bedürfnisse ihrer Kunden, etwa spezielle Kostformen oder das Pürieren von Speisen. Auch die Organisation der Angebote ist zufriedenstellend, was sich in meist akzeptablen Warmhaltezeiten der Speisen widerspiegelt. Bei der insgesamt sehr hohen Kundenzufriedenheit muss allerdings beachtet werden, dass für viele Menschen das Anliefern von Essen alternativlos und eine wichtige Voraussetzung für das Verbleiben in den eigenen vier Wänden ist.

Da die Dienstleistung „Essen auf Rädern“ ältere Menschen zu einem Zeitpunkt erreicht, an dem sie noch vergleichsweise selbstständig sind, übernehmen die Anbieter mit der angebotenen Mittagsverpflegung eine große Verantwortung.

Verbesserungsbedarf der Dienstleistung „Essen auf Rädern“ besteht hinsichtlich eines verstärkten Informationsaustauschs mit den Pflegediensten sowie der Orientierung an den Anforderungen der DGE für die Erstellung von Speisenplänen. Besonders der in der Regel zu geringe Gemüse- sowie der zu hohe Fleischanteil könnten optimiert werden. Auch frische Salate und Rohkost könnten deutlich häufiger auf dem Speisenplan stehen, um die Bezieher von „Essen auf Rädern“ mit mehr Ballaststoffen, Vitaminen und Mineralstoffen zu versorgen. Das Mahlzeitenangebot sollte maßgeblich dazu beitragen, die Folgen ernährungsmitbedingter Krankheiten zu mildern und die Lebensqualität im Alter zu verbessern. Bezüglich der Hygienerichtlinien gilt es, diese flächendeckend umzusetzen und die entsprechenden Vorgaben einzuhalten. Gerade, da es sich bei der Zielgruppe um eine vergleichsweise empfindliche Personengruppe handelt, bedarf sie eines besonderen Schutzes.