Die lebensmittelbezogenen Ernährungsempfehlungen für gesunde Erwachsene in Deutschland veröffentlichte die DGE im März 2024: die DGE-Empfehlungen "Gut essen und trinken" und den DGE-Ernährungskreis. Die Empfehlungen der DGE wurden mithilfe eines mathematischen Optimierungsmodells unter gleichzeitiger Berücksichtigung von Ernährungs-, Gesundheits- und Umweltaspekten weiterentwickelt. Für die Überarbeitung war die DGE-Arbeitsgruppe „Lebensmittelbezogene Ernährungsempfehlungen" zuständig.
Definition Lebensmittelbezogene Ernährungsempfehlungen
- Lebensmittelbezogene Ernährungsempfehlungen (Food-Based Dietary Guidelines, FBDGs) beruhen auf gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnissen. Sie berücksichtigen die nationalen Gegebenheiten, wie beispielsweise den Lebensmittelverzehr oder Nährstoffdatenbanken. Nationale FBDGs sind ein zentrales Instrument, das dazu beitragen soll, gesunde Ernährungsgewohnheiten in der Bevölkerung zu fördern.
- FBDGs enthalten Empfehlungen zu Lebensmitteln, Lebensmittelgruppen und Ernährungsmustern, um die allgemeine Gesundheit zu fördern und chronischen Krankheiten vorzubeugen. Oft werden auch weitere Nachhaltigkeitsaspekte, z. B. Umweltauswirkungen, berücksichtigt. Ihre Ableitung unterliegt einem ständigen Entwicklungsprozess. FBDGs müssen regelmäßig überprüft und ggf. angepasst werden.
Häufig gestellte Fragen und Antworten
Methodik
Das mathematische Optimierungsmodell
Die wissenschaftlichen Grundlagen für die FBDG der DGE wurden mithilfe eines mathematischen Optimierungsmodells berechnet, wodurch mehrere Dimensionen von Nachhaltigkeit gleichzeitig vereinbart werden konnten. Eine angemessene Energiezufuhr und die ausreichende Versorgung mit Nährstoffen bilden den Rahmen einer gesundheitsfördernden Ernährung. Der Schwerpunkt in der überarbeiteten Ableitung lag auf der Reduzierung des Verzehrs von Lebensmittelgruppen, die mit der Entstehung von ernährungsmitbedingten Krankheiten verbunden sind. Gleichzeitig wurde die Minimierung von schädlichen Umwelt- und Klimaeffekten (Treibhausgasemissionen und Landnutzung) in der Ableitung der FBDG berücksichtigt.
Ein Optimierungsmodell besteht grundsätzlich aus
- Entscheidungsvariablen
- Nebenbedingungen und einer
- Zielfunktion.
Die Entscheidungsvariablen sind für die FBDG der DGE die Verzehrmengen für die einzelnen Lebensmittelgruppen (beobachteter Verzehr). Der Algorithmus berechnet die Mengen für die vorgegebenen Lebensmittelgruppen, die unter Einhaltung von Nebenbedingungen zur optimalen Lösung der Zielfunktion führen. Daraus ergibt sich für jede Lebensmittelgruppe ein Wert für den optimierten Verzehr. Die Nebenbedingungen sind akzeptable Verzehrmengen, Erfüllung der Nährstoffziele und agronomische Abhängigkeiten.
Die Zielfunktion minimiert die Abweichung vom beobachteten Verzehrmuster in Deutschland und reduziert die Krankheits- und Umweltlast. Damit wird innerhalb des Lösungsraums der Nebenbedingungen die Lösung gewählt, die dem beobachteten Verzehr am nächsten und gleichzeitig gesundheitsfördernd und umweltschonend ist.
Publikationen zum Optimierungsmodell
- A methodological framework for deriving the German food-based dietary guidelines 2024: a multi-objective function including human health, the environment, and observed dietary intakes. Schäfer et al., Preprint medRxiv
- A methodological framework for deriving the German food-based dietary guidelines 2024: Food groups, nutrient goals, and objective functions. Schäfer et al., PlosONE 20(3) 0313347
- Poster-Abstract: Mathematical Optimization as a Tool To Derive Food-Based Dietary Guidelines: Implication of the Mathematical Form of the Objective Function on Dietary Changes. Schäfer et al., CDN, 7 (2023), 881, Suppl 1
- Poster-Abstract: Deriving sustainable food-based dietary guidelines for Germany via multidimensional optimization: Insights to operationalise the diet-health dimension. Schäfer et al., CDN, 5 (2021), 881, Suppl
Die Möglichkeiten und Gründe für die Ableitung lebensmittelbezogener Ernährungsempfehlungen durch mathematische Methoden waren Gegenstand eines gemeinsamen Workshops der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e.V. (DGE) und der Federation of European Nutrition Societies (FENS) am 23. und 24. September 2019 in Bonn.
- Integration of various dimensions in food-based dietary guidelines via mathematical approaches: report of a DGE/FENS Workshop in Bonn, Germany, 23–24 September 2019. Schäfer et al., BrJNutr 126 (2021) 942–949
Wie Mathe bei der Erstellung von Ernährungsempfehlungen helfen kann
Anne Carolin Schäfer erklärt in einem Science Slam die Hintergründe eines mathematischen Optimierungsmodells für die Ableitung lebensmittelbezogener Ernährungsempfehlungen
Die lebensmittelbezogenen Ernährungsempfehlungen der DGE
Auf Basis der Optimierungsergebnisse und in Anlehnung an die bis dahin bestehenden FBDGder DGE sind diese aktualisiert worden (siehe die DGE-Empfehlungen „Gut essen und trinken“ und der DGE-Ernährungskreis). Die wissenschaftlichen Grundlagen und Ergebnisse der neuen FBDG für Deutschland wurden während des 61. DGE-Kongresses vom 04. bis zum 05. März 2024 in Kassel präsentiert.
Publikationen zu den DGE-Empfehlungen
- Wissenschaftliche Grundlagen der lebensmittelbezogenen Ernährungsempfehlungen für Deutschland – Methodik und Ableitungskonzepte. Schäfer et al., EU 03/2024, & eSupplement
- Interpretationshilfe zur Verwendung der lebensmittelbezogenen Ernährungsempfehlungen der DGE in der Forschung. Stand Juni 2024
- Interview mit Anne Carolin Schäfer und Dr. Johanna Conrad zu den neuen lebensmittelbezogenen Ernährungsempfehlungen (FBDG) für Deutschland. EU 03/2024
- Vorläufige Abschätzung des Umweltentlastungspotentials der aktualisierten lebensmittelbezogenen Ernährungsempfehlungen für Deutschland. Factsheet UBA, 2024
- Gut essen und trinken – DGE stellt neue lebensmittelbezogene Ernährungsempfehlungen für Deutschland vor. Pressemeldung vom 5.3.2024
Konsultationsprozess
Nach einer mehrstufigen Weiterentwicklung von Modell und Datengrundlage startete die DGE Ende 2022 in einen Konsultationsprozess.
In einem Workshop am 15.12.2022 mit 56 von der DGE eingeladenen Teilnehmenden, darunter Wissenschaftler*innen verschiedener Institutionen im Ernährungs-, Landwirtschafts- und Umweltbereich sowie Vertreter*innen des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL), wurde die Methodik erstmals vorgestellt.
An der darauffolgenden öffentlichen Kommentierung (13.03. bis 30.04.2023) der präsentierten Methodik sowie der vorläufigen Optimierungsergebnisse beteiligten sich u. a. Ernährungsfachkräfte, Wissenschaftler*innen, Vertreter*innen aus Landwirtschaft und Lebensmittelindustrie sowie dem Verbraucherschutz. Insgesamt gingen 1 094 Kommentare von 66 Institutionen und Einzelpersonen ein.
Die abgegebenen Kommentare wurden von der DGE-Arbeitsgruppe anschließend ausgewertet und in den weiteren Prozess zur finalen Erarbeitung der wissenschaftlichen Grundlagen für die deutschen FBDG einbezogen.
Alle eingegangenen Kommentare wurden thematisch zusammengefasst und beantwortet. Dadurch ist nachvollziehbar, welche Anmerkungen wie umgesetzt wurden. Die Informationen werden zusammen mit den eingegangenen Erklärungen zum Interessenkonflikt und den Originalkommentaren zur Verfügung gestellt.
DGE-Empfehlungen in der Praxis
- Lebensmittelbezogene Ernährungsempfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e. V. (DGE): Relevanz für die medizinische Praxis. Watzl et al., Akt Ern Med 2025; 50(04): 285-291
- Entwicklung von Speiseplänen für die neuen DGE-Empfehlungen der DGE. Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V. (DGE), September 2024
- Speiseplanberechnungen zur Evaluation der wissenschaftlichen Basis von lebensmittelbezogenen Ernährungsempfehlungen (FBDG) für Deutschland und Vergleich mit nationalen und globalen FBDGs. Masterarbeit von Greta Lemmerbrock, FH Münster
- Umrechnungsfaktoren in Milchäquivalente. Richter, DGEwissen 3/2024
Antworten zur Entstehung und praktischen Anwendung der DGE-Empfehlungen geben Prof. Bernhard Watzl, Dr. Maike Gutmann und Anne Carolin Schäfer von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) sowie Amely Brückner aus Sicht einer Ernährungsberaterin im BZfE-Lunchtalk vom 24. April 2024. Sie finden den ersten und zweiten Teil der Veranstaltung als Aufzeichnung auf Youtube.
Weitere Informationen
- mehr zur Planetary Health Diet
- mehr zu Nachhaltigkeit
- Neubewertung der DGE-Position zu veganer Ernährung (2024)
- DGE-Positionspapier zur nachhaltigeren Ernährung (2021)
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Unterschiede zwischen den lebensmittelbezogenen Ernährungsempfehlungen in Deutschland und Österreich (2024)
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Vorläufige Abschätzung des Umweltentlastungspotentials der aktualisierten lebensmittelbezogenen Ernährungsempfehlungen für Deutschland (Factsheet UBA, 2024)