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Für eine nachhaltigere Ernährung: Wie sich die DGE für mehr Ressourcenschutz einsetzt

Eine klimafreundliche Ernährung schont nicht nur Ressourcen. Sie ist pflanzenbasiert und damit gesundheitsfördernd und nachhaltig. Zu den weltweiten Treibhausgasemissionen trägt die Ernährung etwas mehr als ein Viertel bei. Das ist ein großer Anteil, weshalb Ernährungsweisen zeitnah so ressourcenschonend wie möglich gestaltet werden müssen.

Im Interview spricht DGE-Blog mit Dr. Kiran Virmani, Geschäftsführerin der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e. V. (DGE), über nachhaltige Ernährung und wie sich die DGE für mehr Ressourcenschutz einsetzt.

DGE-Blog: Wie setzt sich der große Anteil der Treibhausgasemissionen im Ernährungsbereich zusammen?

Kiran Virmani: Die Treibhausgasemissionen im Ernährungsbereich betragen weltweit etwa 25-30 Prozent. Sie entstehen bei der Produktion von Lebensmitteln, z. B. durch Erntemaschinen, Dünger für die Felder, beheizte Gewächshäuser und Tierställe. Ferner durch die Lebensmittelindustrie, das heißt insbesondere durch Kühlen oder Tiefgefrieren von Lebensmitteln, deren Transport und letztlich die Zubereitung von Speisen. Das beinhaltet auch die Entsorgung von Speiseabfällen. Die Produktion tierischer Lebensmittel wie Fleisch, Eier, Milch und Milchprodukte verursacht besonders hohe Treibhausgasemissionen. Dagegen ist der Anteil pflanzlicher Produkte wie Getreide, Gemüse und Obst an den Emissionen deutlich geringer.

“In Zeiten von Fake News spielt die DGE eine besonders wichtige Rolle, denn sie vermittelt auch in die Öffentlichkeit wissenschaftlich fundierte Aussagen zu Ernährungsthemen.”
Kiran Virmani

DGE-Blog: Wie wichtig ist der DGE die Nachhaltigkeit?

Kiran Virmani: : Nachhaltiges Handeln und nachhaltige Ernährung sind uns sehr wichtig. Wir übernehmen hier Verantwortung. Die DGE beschäftigte sich schon lange vor ihrem Positionspapier zur Nachhaltigkeit damit. Zum Beispiel 2011 bei unserer Arbeitstagung, nach der für die DGE feststand, dass gesundheitsfördernde Aspekte in der naturwissenschaftlich orientierten Ernährungswissenschaft zwar Vorrang haben, es aber sinnvoll und nötig ist, alle Nachhaltigkeitsdimensionen bei der Entwicklung und Umsetzung eines vollwertigen und risikoarmen Ernährungskonzepts zu betrachten und einzuordnen (aus DGEinfo 11/2012 „Nachhaltigkeit in der Ernährung“, S. 162-168). Inzwischen denken wir die Nachhaltigkeit systematischer und kontinuierlicher mit und berücksichtigen sie in den verschiedensten Bereichen. Wir richten unsere Ernährungsempfehlungen und Aktivitäten nicht mehr nur an gesundheitsfördernden Aspekten aus. Seit 2017 beziehen wir in unseren 10 Regeln für vollwertiges Essen und Trinken Aspekte der Nachhaltigkeit ein.
Im Zuge der aktuellen Überarbeitung der Ernährungsempfehlungen integriert die DGE neben Gesundheit die Dimensionen Umwelt und Soziales in ihre Ableitung. Letztere bildet sie über die Nähe zu den Ernährungsgewohnheiten ab. Lediglich die Dimension Tierwohl berücksichtigen wir noch nicht in der Ableitung der Ernährungsempfehlungen. Seit Anfang 2019 verfolgen wir das mathematische Optimierungsmodell als Herangehensweise zur Ableitung von Ernährungsempfehlungen und damit auch die Integration der Dimension Umwelt, wie sie im Gutachten „Politik für eine nachhaltigere Ernährung: Eine integrierte Ernährungspolitik entwickeln und faire Ernährungsumgebungen gestalten“ formuliert sind. Es wurde von den Mitgliedern des Wissenschaftlichen Beirats für Agrarpolitik, Ernährung und gesundheitlichen Verbraucherschutz (WBAE) des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) erstellt.

Prof. Dr. Britta Renner

Prof. Dr. Britta Renner, Fachbereich Psychologie, AG Psychologische Diagnostik und Gesundheitspsychologie, Universität Konstanz, Vizepräsidentin der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e. V. (DGE) und stellvertretende Vorsitzende des Wissenschaftlichen Beirats für Agrarpolitik, Ernährung und gesundheitlichen Verbraucherschutz beim Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (WBAE).

DGE-Blog: Wie kam es zum Positionspapier zur nachhaltigeren Ernährung?

Kiran Virmani: Mit Prof. Dr. Britta Renner, unserer Vizepräsidentin und Erstautorin des Papiers, setzt sich eine Persönlichkeit im Präsidium sehr stark für Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung ein. Sie arbeitete als stellvertretende Vorsitzende beim WBAE maßgeblich am eben genannten Gutachten mit. Auch Prof. Ulrike Arens-Azevêdo, unsere ehemalige Präsidentin, ist Mitglied im WBAE und Wissenschaftlichen Präsidium der DGE. Sie bereitete für die Nachhaltigkeit seit 2016 den Weg. Da das Thema eine wichtige Rolle spielt, wurde es Zeit für uns hier Position zu beziehen. Wir haben unsere Ernährungsempfehlungen entsprechend ausgerichtet und nachjustiert – wobei wir von Anfang an eine pflanzenbasierte und damit klimaschonende Kost empfohlen haben. Das Thema Nachhaltigkeit denken wir in all unseren Veröffentlichungen und Verlautbarungen mit, angefangen bei unseren 10 Regeln , über den Ernährungskreis bis hin zur Lebensmittelpyramide.

DGE-Blog: Warum sprechen Sie von „nachhaltigerer“ Ernährung in Ihrem Papier und nicht von „nachhaltiger“ Ernährung?

Kiran Virmani: Weil sich unser Positionspapier am aktuellen Wissens- und Erkenntnisstand orientiert. Es markiert einen Weg zu einer nachhaltigeren Ernährung, zeigt aber nicht eine absolute Zielerreichung. Entsprechend sprechen wir von „nachhaltigerer Ernährung“. Das ist vielleicht etwas sperrig, dafür aber logisch und konsequent.

DGE-Blog: Wo sieht die DGE ihre Rolle bei einer klimafreundlichen, nachhaltigeren Ernährung?

Kiran Virmani: Die DGE ist hierzulande eine wichtige Stimme zum Thema Ernährung und Ernährungswissenschaft: Wir liefern mit unserem DGE-Ernährungsbericht Politiker*innen eine der wichtigsten wissenschaftlichen Entscheidungsgrundlagen, wenn es um eine gesundheitsfördernde und nachhaltigere Ernährung unserer Bevölkerung geht. Viele Multiplikator*innen bilden sich bei der DGE fort und beraten Klient*innen mit Hilfe unserer Medien. Die DGE-Qualitätsstandards für die Gemeinschaftsverpflegung zum Beispiel unterstützen bei der Umsetzung einer nachhaltigeren Verpflegung. Zudem geben unsere Ernährungsempfehlungen Verbraucher*innen Orientierung, wie sie sich bestmöglich gesundheitsfördernd und nachhaltiger ernähren können. Am Beispiel der Ernährungstrends und -gewohnheiten lässt sich unsere Rolle gut darstellen: Vegetarische oder vegane Ernährung ist heutzutage ein großes Thema. Und eine pflanzlich basierte Ernährung ist das, was wir den Menschen raten. Aus ernährungswissenschaftlicher Sicht empfehlen wir aber vulnerablen Gruppen, wie Kindern, Heranwachsenden, Schwangeren und Stillenden, sich nicht vegan zu ernähren. Hier klären wir auf, ordnen ein und gehen in den Dialog. In Zeiten von Fake News spielt die DGE eine besonders wichtige Rolle, denn sie vermittelt auch in die Öffentlichkeit wissenschaftlich fundierte Aussagen zu Ernährungsthemen.

DGE-Qualitätsstandards

Kriterien für eine gesundheitsfördernde und nachhaltige Verpflegung in Gemeinschaftseinrichtungen bieten die fünf DGE-Qualitätsstandards.

Diese unterstützen Verantwortliche in Kindertagesseinrichtungen, Schulen, Betrieben, Krankenhäusern und Rehakliniken, Senioreneinrichtungen sowie Mitarbeiter:innen von „Essen auf Rädern“ bei dem Angebot einer ausgewogenen Verpflegung.

DGE-Blog: Warum ist die Gemeinschaftsverpflegung so wichtig für eine nachhaltigere Ernährung?

Kiran Virmani: Das Projekt Keeks hat für Schulküchen durchgerechnet, wie hoch dort mögliche Einsparungen von Treibhausgasemissionen liegen könnten: im Bereich der Schulküchen bei eindrucksvollen 40 Prozent! Mit der Außer-Haus-Verpflegung in Betrieben, Kliniken und Pflegeeinrichtungen oder Kitas können viele Menschen nachhaltiger und gesundheitsfördernd ernährt werden. Immerhin essen mehr als 17 Mio. Menschen in Deutschland täglich in Einrichtungen der Gemeinschaftsverpflegung. Daher nehmen in unseren DGE-Qualitätsstandards für die Gemeinschaftsverpflegung Nachhaltigkeitsaspekte einen großen Stellenwert ein.

DGE-Blog: Vielen Dank für das Gespräch.

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