Winterliche Sauerkrautsuppe
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Präventiver Effekt von Selen auf die Entstehung von Herz-Kreislauf-Krankheiten ist nicht nachgewiesen
Funktionen des Spurenelements Selen Selen ist in Form von Selenocystein Bestandteil zahlreicher Selenoproteine, die zum Teil wichtige enzymatische Funktionen haben. Beispielsweise ist Selen als Katalysator im aktiven Zentrum der Glutathion-Peroxidasen (GPx) unentbehrlicher Bestandteil des antioxidativen Systems des Menschen. Der Organismus wird dadurch vor der oxidativen Schädigung durch endogene und exogene Peroxide geschützt. Entsprechend weist Selen als Antioxidanz möglicherweise Schutzwirkungen gegen kardiovaskuläre Krankheiten auf. Eindeutige Mangelerscheinungen, die auf eine unzureichende Selenzufuhr zurückzuführen sind, wurden bei der Keshan-Krankheit, einer Kardiomyopathie, beschrieben, die bei einer Selenzufuhr von 10 µg/Tag auftritt (Chen et al. 1980). Ein Selenmangel bei Ratten führte zu einer Verringerung der GPx-Aktivität und zu einem Anstieg der Lipidperoxidkonzentration im Blut (Huang et al. 2002, zitiert in Navas-Acien et al. 2008). Folge ist eine vermehrte oxidative Schädigung der Zellen und Gewebe. Ein weiterer möglicher Mechanismus des Selens auf das kardiovaskuläre Krankheitsrisiko ist der Einfluss auf die Prostaglandinsynthese. Bei niedrigen Selen-Plasmakonzentrationen kommt es infolge einer vermehrten Ansammlung von Lipidperoxiden zu einer Störung der Prostazyklinbildung und zu einem Anstieg der Bildung von vasokonstriktivem Thromboxan. Die Folgen sind eine vermehrte Thrombozytenaggregation und eine Blutdruckerhöhung (Rayman 2000, Flores-Mateo et al. 2006, Mozaffarian 2009).
Das über die Nahrung zugeführte Selen liegt in pflanzlichen Lebensmitteln meist als Selenomethionin und in tierischen Lebensmitteln als Selenocystein vor. Der Gehalt verschiedener Lebensmittel ist stark abhängig vom Selengehalt der Böden bzw. der Selenaufnahme der Tiere. In Deutschland stellen Fisch, Fleisch und Eier die Hauptlieferanten für Selen dar (DGE et al. 2008).
Die Bioverfügbarkeit von Selen aus gemischter Kost liegt insgesamt bei 60–80 % (Daniels 1996); anorganische Verbindungen (Selenit, Selenat), die ausschließlich über Supplemente aufgenommen werden, sind zu 50–60 % bioverfügbar, während organische Verbindungen (Selencystein und -methionin) aus Lebensmitteln meist eine Bioverfügbarkeit von über 90 % haben (IOM 2000). Obwohl die Bioverfügbarkeit von Selen aus pflanzlichen Lebensmitteln (85–100 %) deutlich höher ist als aus tierischen (20–50 %), spielen pflanzliche Lebensmittel aufgrund ihrer schwankenden Selengehalte eine untergeordnete Rolle für die Selenversorgung (Daniels 1996, Combs 2001, Domke et al. 2004).
Von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e. V. wird ein Schätzwert für eine angemessene tägliche Selenzufuhr von 30–70 µg für Jugendliche ab 15 Jahren und Erwachsene angegeben (DGE et al. 2008). Grundlage dieses Referenzwertes ist u. a. die Aufrechterhaltung der antioxidativen Kapazität der GPx.
Für die Selenversorgung in Deutschland liegen keine aktuellen Daten vor. Im Rahmen der VERA-Studie von 1987–1989 (Kübler et al. 1995) wurde ein Medianwert der Selen-Serumkonzentration von 82 µg/l für Männer und 83 µg/l für Frauen ermittelt. Für die tägliche Selenzufuhr deutscher Frauen und Männer wurden in Duplikatstudien1 Werte von 30 bzw. 41 µg ermittelt (Drobner et al. 1996, zitiert in DGE et al. 2008). Obwohl die Zufuhr deutlich im unteren Bereich der Referenzwerte lag, konnten physiologische Selen-Plasmakonzentrationen (50–120 µg/l) gemessen werden (RKI 2006). Für eine maximale Aktivität der GPx wird eine Selen-Plasmakonzentration von 70–90 µg/l als notwendig angegeben (Thomson 2004, Navas-Acien et al. 2006, Flores-Mateo et al. 2006).
In erster Linie wird zur Erfassung des aktuellen Selenstatus die Selenkonzentration im Serum oder Plasma gemessen. Die Angabe als Plasma- oder Serumwert unterscheidet sich nicht, da die Konzentration im Serum und Plasma gleich groß ist (Flores-Mateo et al. 2006). Der langfristige Versorgungsstatus kann aus der Konzentration im Vollblut abgeleitet werden. Die Messung der Selengehalte in Haaren und/oder Nägeln wird hingegen als ungeeigneter Indikator angesehen. Untersuchungen weisen zwar auf eine Korrelation zwischen Haar-/Nagel- und Serumwerten hin, aber die individuellen Schwankungen sind sehr groß (RKI 2006).
Studien, die einen Zusammenhang zwischen dem Selenstatus und dem Risiko für Herz-Kreislauf-Krankheiten untersuchen, unterscheiden sich sehr stark in der Studiengröße, dem verwendeten Parameter zur Erfassung des Selenstatus (Plasma, Blut, Zehennägel) und den outcome-Parametern (Mozaffarian 2009). Die Ergebnisse der bisher veröffentlichten Studien sind nicht konsistent: Die Mehrzahl der Beobachtungsstudien beschrieb einen inversen Zusammenhang zwischen der Selen-Plasmakonzentration und dem Erkrankungsrisiko, dies konnte aber durch Interventionsstudien nicht bestätigt werden (Navas-Acien et al. 2008).
Fall-Kontroll-Studien ergaben meist einen stärkeren inversen Zusammenhang zwischen dem Selenstatus und dem Risiko für eine Herz-Kreislauf-Krankheit als prospektive Studien. Eine Meta-Analyse von neun Fall-Kontroll-Studien zeigte, dass das Risiko für Herz-Kreislauf-Krankheiten bei höheren Selen-Plasmakonzentrationen geringer war als bei niedrigeren [relatives Risiko (RR) = 0,47; 95 % Konfidenzintervall (95 % CI) 0,29–0,79]. Wurden Studien in die Analyse aufgenommen, die den Selenstatus im Vollblut, in den Erythrozyten oder den Zehennägeln gemessen hatten, hatte dies nur einen geringfügigen Einfluss auf das Ergebnis. Kritisch anzumerken ist, dass in den meisten eingeschlossenen Fall-Kontroll-Studien die Adjustierung um potenzielle Confounder, wie z. B. Alter, Geschlecht und Rauchen, fehlte (Flores-Mateo et al. 2006).
In der Meta-Analyse von Flores-Mateo et al. (2006) wurden ebenfalls die Ergebnisse von 13 prospektiven Kohortenstudien zusammengefasst, die den Zusammenhang zwischen der Selen-Plasmakonzentration und dem Risiko für Herz-Kreislauf-Krankheiten untersuchten. Das Risiko war bei höheren Selen-Plasmakonzentrationen (in der höchsten Kategorie lag sie in aller Regel bei > 80 µg/l) geringer als bei niedrigen (RR = 0,84; 95 % CI 0,71–0,99). Die meisten Studien wurden in Europa oder China – Regionen mit relativ schlechter Selenversorgung – durchgeführt. In einer der in die Meta-Analyse eingeschlossenen Studien konnte der risikosenkende Effekt einer hohen Selen-Plasmakonzentration nicht beobachtet werden; jedoch wiesen hier Fälle und Kontrollen Werte von über 80 µg/l auf (Salvini et al. 1995), sodass daraus geschlossen werden kann, dass bei einer entsprechend guten Versorgung keine weitere Risikosenkung zu erwarten ist. Dies bestätigen auch die Ergebnisse des dritten US-amerikanischen National Health and Nutrition Examination Surveys (NHANES). Das kardiovaskuläre Mortalitätsrisiko war in der Gruppe mit Selen-Serumkonzentration 130 µg/l nicht signifikant unterschiedlich von dem in der Gruppe mit Selen-Serumkonzentrationen 117 µg/l (RR = 0,94; 95 % CI 0,77-1,16). In einem Regressionsmodell konnte gezeigt werden, dass das Risiko für kardiovaskuläre Mortalität bis zu einer Selen-Serumkonzentration von 120 µg/l abnimmt und bei höheren Konzentrationen ansteigt (Bleys et al. 2008). Diese Beobachtungen lassen vermuten, dass der protektive Effekt einer Steigerung der Selen-Serumkonzentration möglicherweise nur in Populationen mit marginaler Selenversorgung (< 80 µg/l) beobachtet werden kann (Rayman, 2000, Navas-Acien et al. 2008).
Nur wenige Interventionsstudien untersuchten den Einfluss einer Selensupplementation auf die Entstehung von Herz-Kreislauf-Krankheiten. In einer Meta-Analyse von Flores-Mateo et al. (2006) von sechs placebokontrollierten Interventionsstudien aus den Jahren 1989–2004 wurde kein signifikanter Effekt einer Supplementation mit Selen (RR = 0,89; 95 % CI 0,68–1,17) festgestellt. Die einzelnen Interventionsstudien waren allerdings zum Teil sehr klein (n = 67 bis n = 13 012 Männer und Frauen, mittleres Alter 47 bis 62 Jahre) und drei der Studien wurden an Patienten mit Herz-Kreislauf-Krankheiten durchgeführt, sodass hier Primär- und Sekundärprävention gemischt werden. Selen wurde in einem Teil der Studien in Kombination mit anderen Vitaminen und/oder Mineralstoffen gegeben. Die Dosis der Supplementation lag im Bereich von 75–200 µg Selen pro Tag. Die längste randomisierte Interventionsstudie (National Prevention of Cancer Trial, Stranges et al. 2006) mit 1 004 Hautkrebspatienten ohne Herz-Kreislauf-Krankheiten, die in die Meta-Analyse eingeschlossen war, zeigte, dass eine ausschließliche Selensupplementation von 200 µg/ Tag über ein Follow-up von 7,6 Jahren keinen Effekt in der Primärprävention von Herz-Kreislauf-Krankheiten in der beschriebenen Studienpopulation hatte (RR Supplementation vs. Placebo = 1,03; 95 % CI 0,78–1,03). Die Studie wurde in einer ausreichend versorgten Population durchgeführt; die Selen-Plasmakonzentration lag bereits zu Studienbeginn im Mittel bei 113 µg/l. Obwohl das ursprüngliche Ziel der Studie war, den Einfluss einer Selensupplementation auf die Prävention von Hautkrebs zu untersuchen, liefert sie nach Aussage der Autoren mit ihren klaren Endpunkten und der Adjustierung um mögliche Confounder (Alter, Selenstatus zu Studienbeginn, Geschlecht, Rauchen) auch für die Prävention von Herz-Kreislauf-Krankheiten aussagekräftige Ergebnisse und bestätigt, dass bei entsprechend guter Versorgung eine weitere Selenzufuhr unnötig ist. Eine weitere in die Meta-Analyse eingeschlossene, aber wegen ihrer Größe (n = 13 012) gesondert erwähnenswerte Studie (Supplémentation en Vitamines et Minéraux Antioxydants, SU.VI.MAX) zeigte ebenfalls, dass bei einer mittleren Selen-Serumkonzentration von 88 µg/l eine Supplementation von 100 µg Selen/Tag in Kombination mit anderen Vitaminen und Mineralstoffen über ein Follow-up von 7,5 Jahren bei gesunden Männern und Frauen (mittleres Alter 48 Jahre) keinen Einfluss auf das Risiko für Herz-Kreislauf-Krankheiten hatte (RR Supplementation vs. Placebo = 0,97; 95 % CI 0,77-1,20) (Hercberg et al. 2004). Auch 7,5 Jahre nach Interventionsende war kein präventiver Effekt der Supplementation zu beobachten (Hercberg et al. 2010).
Beobachtungsstudien zeigten zwar, dass bei einem höheren im Vergleich zu einem niedrigeren Selenstatus das Risiko für kardiovaskuläre Krankheiten verringert war. Jedoch konnte dieser Effekt nur in Populationen mit im Durchschnitt marginaler Selenversorgung beobachtet werden (< 80 µg/l Plasma). In den wesentlich aussagekräftigeren Interventionsstudien konnte dagegen das Risiko für kardiovaskuläre Krankheiten durch eine Selensupplementation nicht verringert werden. Basierend auf den derzeit vorliegenden Studienergebnissen ist eine generelle Selensupplementation zur primären Prävention von Herz-Kreislauf-Krankheiten abzulehnen (Navarro-Alarcon und Cabrera-Vique 2008). Studien zur Sekundärprävention wurden hier nicht berücksichtigt. Selen ist ein Spurenelement mit relativ geringer therapeutischer Breite, weshalb ein unsachgemäßer Gebrauch der Supplemente, z. B. zur Prävention kardiovaskulärer Krankheiten, das Risiko einer Selenintoxikation birgt. Die Anzeichen einer Intoxikation sind bis auf knoblauchartigen Atemgeruch in aller Regel unspezifisch (z. B. Müdigkeit, Haarausfall). Ergebnisse weiterer epidemiologischer Studien zeigten, dass eine chronisch erhöhte Selenzufuhr in einer gut versorgten Population bzw. hohe Plasmakonzentrationen möglicherweise das Risiko für Diabetes mellitus Typ 2 (Stranges et al. 2007, Bleys et al. 2007) und Hypercholesterolämie erhöhen (Hercberg et al. 2005, Laclaustra 2010, Stranges 2010). Randomisierte, doppelblinde, kontrollierte Interventionsstudien von längerer Dauer, die in mehreren Ländern mit unterschiedlicher Selenversorgung durchgeführt werden, sind erforderlich, um weitere Gewissheit über Nutzen und Risiken einer Selensupplementation zu erlangen (RKI 2006, Steinbrenner und Sies 2009).
1Bei der Duplikatmethode werden die Nährstoffe einer in Bezug auf Portionsgröße und Zusammensetzung identischen Mahlzeit im Labor analysiert.
Deutsche Gesellschaft für Ernährung: Selen und Herz-Kreislauf-Krankheiten. DGEinfo (11/2011) 162-165