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29. September 2021, online
Das Wissenschaftliche Symposium der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e. V. (DGE) zum Thema Ernährung und Mikrobion fand am 29. September 2021 erstmals in einem hybriden Format im Rahmen der 5. Bonner Ernährungstage statt. Nationale und internationale Expert*innen informierten über den Stand der Forschung, den Einfluss der Ernährung auf die Mikrobiota und den Zusammenhang zwischen Erkrankungen und mikrobiellem Ökosystem.
Zum Auftakt der Bonner Ernährungstage 2021 begrüßten Prof. Jakob Linseisen, DGE-Präsident, und Dr. Hanns-Christoph Eiden, Präsident der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE), die über 400 Teilnehmenden zur ersten gemeinsamen digitalen Veranstaltung mit dem Bundeszentrum für Ernährung (BZfE). Prof. Dirk Haller von der TU München moderierte das Symposium zusammen mit Prof. Thomas Bosch, Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, live im Studio und führte in das Tagungsthema ein. Anschließend gaben die eingeladenen Wissenschaftler*innen in verschiedenen Themenblöcken einen Überblick zum aktuellen Stand der Mikrobiomforschung.
Was eine „gesunde“ Darmmikrobiota ausmacht, kann bisher nicht definiert werden. Um dies herauszufinden, müssten zunächst normale Variationen der Bakterienzusammensetzung und Störfaktoren identifiziert werden. Unbestritten ist jedoch, dass die Mikrobiota einen großen Einfluss auf die Gesundheit des Menschen hat. Beispielsweise gibt es Hinweise, dass Personen mit Depressionen, Multipler Sklerose oder Morbus Crohn eine geringere Besiedlung mit Bacteroides 2 aufweisen als Gesunde.
Auch das Alter verändert die Mikrobiota. In einer Studie von Prof. Paul W. O’Toole, dem NuAge-Projekt, war eine mediterrane Ernährung bei älteren Menschen mit Veränderungen des Mikrobioms verbunden. Diese ging mit geringeren Entzündungswerten, besseren kognitiven Leistungen und verminderter Gebrechlichkeit einher. Die Forschungsergebnisse bestätigen, dass eine hohe Diversität der Mikrobiota ein gesundes Altern entscheidend beeinflussen.
Das Mikrobiom wird neben der Ernährung auch durch die jeweilige Blutgruppe beeinflusst. Aus Zwillingsstudien ist bekannt, dass sich das Mikrobiom bei eineiigen Zwillingen ähnelt, was auf einen deutlichen Einfluss der Gene auf die Zusammensetzung der Darmmikrobiota schließen lässt. Bisher kann geschlussfolgert werden, dass einige Blutgruppen mit bestimmten Erkrankungen assoziiert sind (bspw. ist das Risiko einer Covid-19-Erkrankung mit Blutgruppe A höher als bei Blutgruppe 0). Für die Blutgruppendiät nach D’Adamo fehle aber jede Evidenz.
Bei gestillten Säuglingen zeigt sich eine Dominanz von Bifidobacterium spp., während Säuglinge, die eine Flaschennahrung erhalten, nur 5-10 % Bifidobakterien aufweisen. Prof. Lindsay Hall von der TU München konnte in ihren Studien nachweisen, dass eine Supplementation mit Bifidobakterien (zusammen mit einer geeigneten Ernährung) bei Frühgeborenen die Mikrobiota positiv verändern und die Gesundheit fördern kann.
Die Mikrobiomforschung steht trotz einer stetig steigenden Anzahl an Publikationen und hohem medialen Interesse erst am Anfang. Auf der Suche nach der optimalen Ernährungsweise für ein gesundes Mikrobiom ist Geduld gefragt, denn derzeit kann weder definiert werden, was genau eine „gesunde“ Mikrobiota ist, noch welche Ernährungsweise diese optimal beeinflussen könnte. Klar scheint bisher, dass eine möglichst große Diversität der Darmbakterien und eine hohe Zufuhr an Ballaststoffen die Darmgesundheit positiv beeinflussen kann. Umgekehrt wurde bei bestimmten Erkrankungen eine eingeschränkte Bakteriendiversität beobachtet.
Die Herausforderung der nächsten Jahre liegt laut der Expert*innen darin, verschiedene Disziplinen in die Mikrobiomforschung miteinzubeziehen. In zukünftigen Studien müssen möglichst präzise Daten erhoben werden, um Interaktionen mit dem Wirt genauer zu erfassen. Zudem ist mehr Standardisierung der Daten notwendig, um die Vergleichbarkeit von Studienergebnissen zu erhöhen.